Da sitze ich nun und schreibe einen Blog über das Glück einer Kreuzfahrt. Ich, ein Individualurlauber, der seit Jahren lieber alleine die Routen und Unterkünfte auf der Welt sucht und im Traum nicht daran gedacht hätte, eine fertige Reise im Reisebüro zu buchen. „Ihbababä Massentourismus“ – das war das Motto jeder Urlaubsplanung. Tja, und hier sind wir nun. Bevor wir in See stechen, lasst mich euch auf die Reise mitnehmen, wie es dazu kam, dass ich sehr glücklich bin, eine Kreuzfahrt gebucht zu haben.
Die Bedenken
Die Nachhaltigkeit allein wäre wohl Grund genug mich böse für die Entscheidung zur Kreuzfahrt anzuschauen. Ich würde das verstehen. So ein Kreuzfahrtschiff ist ökologisch ein Albtraum und mein CO2 Fußabdruck ist wohl das einzige was so richtige nachhaltig an der Sache ist – nachhaltig schlecht wohlgemerkt. Ich möchte hier auch keine Augenwischerei betreiben. Ich denke durchaus darüber nach, wie ich für die Natur (als auch mich) eine Kompensation erreichen kann. Gleichzeitig ändert kein Ergebnis dieses Nachdenkens etwas am Umstand, dass es erstmal schlecht für die Umwelt ist.
Und selbst wenn ich den Umweltschutz mal Umweltschutz sein lasse. Dann bin ich auf einem riesigen Schiff mit relativ generischen Buffets, einem Fitnessbereich und einstudierten Animationen. Das alles zwischen ein paar tausend anderen Menschen, die ich im Normalfall wohl eher nie treffen würde. Meine letzten Urlaube hatte ich in Island. Dort stand ich in den Westfjorden und habe stundenlang nicht mal einen anderen Menschen (abseits meiner geliebten Frau) gesehen. So ein Kreuzfahrtschiff ist also vorsichtig gesagt ein gewisser Kontrast zu meinen sonstigen Urlaubsvorlieben. Aber man muss auch mal was wagen, oder was meinst du?
Warum dann das alles?
Die Frage ist bis hierhin völlig berechtigt und ich verspreche, es wird gleich klarer. Es geht an der norwegischen Küste entlang der Fjorde. Der Start wird in Kiel sein und dann führt uns unser Weg immer weiter in den Norden. Über Bergen bis nach Ålesund. Die norwegische Natur ist atemberaubend und man darf es wohl mit Fug und Recht als Privileg betrachten, sie sehen zu dürfen.
Noch wichtiger als die Natur selbst ist allerdings meine Mama. Wie vermutlich jede Mutter, ist meine die beste der Welt. Seit ich denken kann, ist sie für mich da und hat ihr Leben lang gegeben. So richtig viele Orte dieser Welt hat sie mit dieser Einstellung aber eher nicht gesehen. Wenn ihr die Möglichkeit hättet, würdet ihr eurer Mama dann nicht auch wünschen, dass sich das ändert?
Ein böser Streich im Schicksal meiner Mutter ist gewesen, dass ein Schlaganfall sie halbseitig lähmte und sie seitdem im Rollstuhl sitzt. Meine Mama verdient es, im Leben Glück nicht nur zu spüren sondern auch zu sehen. Für mich fühlt es sich dann sehr richtig an, wenn wir planen, dass sie die Fjorde Norwegens in ihrer vollen Pracht einmal selbst erleben darf. In der Folge plane ich sehr gerne diese Reise für und mit ihr.
So edelmütig dieser Gedankengang anmuten mag: Man stößt an seine Grenzen, wenn man mit einem Rollstuhl und Schwerbehindertenausweis im Gepäck eine Individualreise ins Ausland planen möchte. Den ganzen Tag im Auto sitzen, geht gesundheitlich nicht. Damit fallen alle Gedanken an einen Roadtrip weg. Fliegen verängstigt meine Mutter – ist also auch keine echte Option. Es soll ihr ja schließlich alles Gefallen. Ab hier werden die Optionen so langsam auch schon eng. Das Leben ist nun mal kein Ponyhof und wenn es doch einer wäre, stünden die Chancen nicht schlecht, dass er nicht barrierefrei ist. Ich war schon relativ nah am Verzweifeln bis dann die Idee kam: So ein Kreuzfahrtschiff bietet nicht nur barrierefreie Kabinen. Es bietet uns die Möglichkeit, gemeinsam etwas Neues zu entdecken.
Rückblick, Ausblick, Seeblick
Ihr seht schon, der emotionale Faktor spielt eine sehr entscheidende Rolle in dieser Entscheidung. Es ist so, dass ich ein sehr privilegiertes Leben bislang führen durfte und schon in einigen Ländern war. Immer wenn ich davon erzählte, saß meine Mutter da und freute sich einerseits sehr für meine Frau und mich. Im nächsten Moment war durchaus zu spüren, dass irgendwas in ihr auch sagte „Du wirst das nie selbst erleben“. Diese Ungerechtigkeit will ich nicht akzeptieren.
Ihr hättet mal sehen sollen, als ich meiner Mutter eröffnete, dass ich diesen Plan mit der Kreuzfahrt ausgeheckt habe. Da war ganz viel Irritation, ob ich das jetzt ernst meine. Jüngst kam dann der Tag, an dem ich mich mit dem Reisebüro einigte und die Reise verbindlich buchte. Wieder erzählte ich es meiner Mutter und dieses mal… saß sie still da. Ich redete bestimmte 15 Minuten lang darüber, was uns auf dem Schiff alles erwarten wird.
Da gibt es barrierefreie Angebote für Wellness, es gibt Unterhaltungsprogramme, mehr Essen und Trinken, als wir jemals in einer Woche ausprobieren könnten und über all dem – eine Woche gemeinsame Zeit in einer atemberaubenden Landschaft. Die Stille kippte und sie weinte… ich bleibe dabei. Sie verdient Glück!
Mittlerweile macht das Reisebüro dazu noch Dinge, die ich gar nicht geahnt hatte. Meine Reiseberaterin hat scheinbar die Situation gut verstanden und versorgt mich immer mehr mit spannenden Informationen zur Reise. Es gibt wohl einen „Barrierefreiheitstreff“ an Bord, bei dem man sich wahlweise einfach mal begegnen kann oder auch bespricht, wie man Tagesausflüge am besten organisiert.
Allein das verdient noch mal eine Erwähnung: Es gibt rollstuhlgerechte Tagesausflüge. Wir werden nach Bergen kommen und die Stadt erkunden können. Wir werden mal zusammen in einen Fjord von einer Bergspitze aus schauen können. Ich freue mich wirklich sehr auf diese Erlebnisse und alles, was da mit dazu gehört.

Ich hoffe, ich konnte euch vermitteln, warum ich mich so sehr auf die Reise freue. Das Kreuzfahrtschiff bietet uns viele Sicherheiten und viele Chancen auf eine gute Zeit. Natürlich ist das Wetter in Norwegen noch so eine Sache, bei der man wahlweise viel Glück oder viel Pech haben kann. Aber selbst wenn es den lieben langen Tag regnet. Dann spielen wir eben an Bord mal eine Runde „Mensch ärgere dich nicht“ und schlürfen genüsslich einen Tee dazu. Ich wette, Norwegens Küste sieht auch bei diesigem Wetter beeindruckend aus.
Was meinst du, habe ich da eine gute Reisewahl getroffen? Warst du schon mal mit deinen Eltern im Urlaub und wie war das für dich? Ich schwanke zwischen der Sorge, dass ich eine Art Reiseleiter für meine Mutter werde und der Vorfreude, dass bestimmt eine gute Zeit wird. Hättest du so Gedanken auch? Lass es mich gern mal wissen, was du denkst.
Die Welt ist schön, weil es Urlaub mit den Eltern gibt!
Wir lesen uns beim nächsten mal wieder.






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